Rikscha-Flotte ist gewachsen

Waldeckische Landeszeitung 5.4.2024
Autor: Philipp Daum

Spezial-Gefährt für Rolli-Fahrer – Demnächst Rikscha-Stadtführungen in Korbach

Korbach – Der Rikscha-Fuhrpark in Korbach ist um ein weiteres Gefährt reicher – und dieses hat es wirklich in sich. Es wurde speziell dafür entwickelt, einen Rollstuhl zu transportieren. Rolli-Fahrerinnen und -Fahrer können nun viel leichter an Ausflügen und demnächst sogar an Stadtführungen durch die Kreis- und Hansestadt teilnehmen.
Dank der finanziellen Unterstützung des Rotary- Clubs, des Landkreises und der Stadt Korbach ist die Rikscha- Flotte auf insgesamt drei „Fahrräder“ angewachsen. Die elektronisch unterstützten Rikschas, die regelmäßig vom Pflegezentrum „Haus am Nordwall“ aus starten (wir berichteten mehrfach), prägen schon längst das Stadtbild und werden es nun noch intensiver tun.

Sie schenken Freude und Teilhabe für Menschen mit Einschränkungen in ihrer Mobilität. Mehr als 100 Ausflüge haben die ehrenamtlichen Piloten mit ihren Fahrgästen schon unternommen individuelle Wunschorte oder besondere Ecken in der Stadt wurden angesteuert. Aber auch Ausflüge in die ländliche Idylle hat es gegeben.

„Die Beliebtheit dieser Fahrten hat uns dazu bewogen, das Rikscha-Angebot in Korbach zu erweitern“, sagte Thomas Ebert bei der offiziellen „Indienststellung“ des neuen Gefährts. Der ehrenamtliche Inklusionsbeauftragte der Stadt Korbach ist selbst auch ein überzeugter Rikscha-Pilot. Prompt führt er die Rollstuhl-Rikscha vor. Diese verfügt über eine große und stabile Plattform, auf der ein Rollstuhl befestigt wird, um Passagiere sicher und bequem zu befördern. „Somit ist das neue Gefährt eine perfekte Ergänzung zu den zwei bereits vorhandenen Rikschas“, sagt Ebert.

„Insbesondere Menschen, die ihren Rollstuhl für den Einstieg in eine Rikscha nicht verlassen können, ermöglicht die Rollstuhl-Rikscha diese wunderbaren Ausfahrten und den Wind in den Haaren zu genießen“, sagten Einrichtungsleitung Ribana Klabunde und Claudia Schneider, Koordinatorin des Rikscha-Projektes im Haus am Nordwall. Das besondere Velo sei nicht nur für Senioren, sondern für viele mobilitätseingeschränkte Menschen eine große Bereicherung. Auch sie könnten nun die wunderschöne Umgebung auf dem Rad erleben und glücklich sein.

„Unsere Stadt auf die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger abzustimmen und attraktiv zu gestalten, ist uns ein wichtiges Anliegen“, sagt Bürgermeister Klaus Friedrich. „Umso mehr haben wir die Realisierung des Projekts gerne unterstützt. Trägt doch die Rollstuhl-Rikscha dazu bei, Barrieren abzubauen, mehr Teilhabe zu ermöglichen und nicht zuletzt auch das Miteinander zu stärken.“

„Wir freuen uns sehr, ab April auch inklusive Stadtführungen mit der Rikscha anzubieten“, kündigte Thomas Ebert außerdem an. Diese richteten sich an Menschen mit körperlichen Einschränkungen, die einen üblichen Stadtrundgang“ nicht bewältigen können. Korbach gehe mit gutem Beispiel voran, denn Stadtführungen mit einer Rikscha für Rollstuhlfahrer seien in Nordhessen bislang einzigartig.

Lebensfreude schenken
„Jeder Rikscha-Ausflug ist ein kleines Abenteuer und eine wertvolle Begegnung zwischen Pilot und Passagier mit schönen Gesprächen und Lebensgeschichten, die geteilt werden“, berichtete Claudia Schneider aus den bisherigen Fahrten. Neben der Teilhabe sei es das Ziel aller, diese zu intensivieren.

Erster Kreisbeigeordneter Karl-Friedrich Frese lobte die „innovative Idee“ mit der Rollstuhl-Rikscha. Der Kreis unterstütze dies gerne. Sassan Pur, Geschäftsführer des Krankenhauses und des Pflegezentrums, wünschte „allen Fahrern und allen Menschen, die gefahren werden, eine wunderschöne Zeit“.
Das Fahrt-Motto „Lebensfreude schenken“ gefalle ihm sehr. „Wir schenken Freude im Alltag, das ist das Motto unseres Hauses am Nordwall. Daher passt das ja wunderbar zusammen.“

Stadt sucht weitere Piloten
Uwe Baumann ist von Anfang an als Rikscha-Pilot dabei – und seine Begeisterung für diese ehrenamtliche Tätigkeit ist noch immer groß. „Es macht mir Spaß, den Menschen eine Freude zu machen“, sagt der 63-Jährige. Wenn er eine Ausfahrt mache, spüre er, wie schön dieses Erlebnis für seine Passagiere sei. Für ihn sei es dann genauso schön. Die Fahrten liefen immer unterschiedlich ab. Bei guter Wetterlage könne er sich viel mit seinen Fahrgästen unterhalten – wenngleich sein Fokus natürlich immer auch auf dem Verkehr drumherum liege. „Wenn das Verdeck oben ist und wir durch die Stadt mit ihren Parks fahren, merke ich oft, dass eine Unterhaltung gewünscht ist.
Das mache ich aber gerne. Als Korbacher kann ich einiges zur Stadt erzählen“, sagt Baumann. Manch einer wolle aber auch durchs Feld fahren. Wenn der Wind dort pfeife, sei es etwas schwieriger, sich gegenseitig zu verstehen.

Heute sind Wilhelm und Hildegard Wilke seine Fahrgäste. Das Ehepaar stammt aus Wirmighausen und wohnt jetzt im Haus am Nordwall. Für die beiden ist es die erste Fahrt mit der Rikscha.
Da heute auch probeweise eine der künftigen Rikscha- Stadtführungen unternommen wird, kommen sie in der Altstadt ein bisschen rum: Kümpe, Kilianskirche, Pranger, Enser Tor, Freilichtbühne – es gibt einiges zu sehen und von Stadtführerin Andrea Häbe- Hagenmüller, die auf dem E-Bike unterwegs ist, einiges zu erfahren.
Schönwar’s“, ist ich das Ehepaar Wilke am Ende der Tour einig. Die Stadt Korbach sucht weitere Rikscha-Fahrerinnen und -Fahrer. Wer Interesse hat, meldet sich unter Tel.: 05631/5065-324 oder 5065-0 sowie E-Mail: rikscha@haus-am-nordwall.de.

Rikscha-Stadtführungen: Start beim Frühlingsfest
Das Rikscha-Projekt in Korbach startete Ende 2020. Seitdem unternehmen Seniorinnen und Senioren sowie in der Mobilität eingeschränkte Menschen Ausflüge mit nunmehr drei Rikschas – die Piloten fahren ins Grüne, zum ehemaligen Wohnviertel des Fahrgastes oder in die Stadt. Die Rikscha-Fahrten sind nicht nur für Bewohner des Hauses am Nordwall gedacht, jeder aus dem genannten Personenkreis kann sich für eine Fahrt melden. Für den Komfort der Fahrgäste sind die Rikschas mit einem Sonnen- bzw. Regendach, Sitzkissen sowie Decken und Fußsäcken ausgestattet. Wer Interesse an einer Fahrt hat, kann sich bei Claudia Schneider vom Haus am Nordwall (Nordwall 16 in Korbach, Telefon: 05631/5065-324 oder 5065-0, E-Mail: rikscha@haus-am-nordwall.de) melden.

Die angekündigten, barrierefreien Stadtführungen für mobilitätseingeschränkte Personen mit den Rikschas sollen am 13. April um 11 Uhr imRahmen des Frühlingsfestes der Korbacher Hanse offiziell beginnen. Zum Auftakt wird jeweils eine kostenlose Stadtführungmit den drei Rikschas angeboten. Interessenten können sich unter den oben genannten Kontaktdaten anmelden. Geplant ist, dass künftig einmal im Monat kostenlose barrierefreie Rikscha-Stadtführungen (etwa 1,5 Stunden) für mobilitätseingeschränkte Personen stattfinden.
Die Termine werden frühzeitig bekannt gegeben.

Foto: Philipp Daum (WLZ)

links: Stadtführerin Andrea Häbe- Hagenmüller, rechts (von vorne nach hinten) die drei Piloten Thomas Ebert, Franky Pierre und Uwe Baumann mit ihren Fahrgästen Herrn Kratzenberg und Ehepaar Wilke